Vom Badekurort Yverdons-les-Bains geht es mit der Schmalspurbahn gemütlich hinauf nach Ste-Croix. Von dort bringt einem ein Fahrzeug der Post ins jurassische Bergdorf La-Côte-aux-Fées. Im Anschluss wird die Talfahrt ins Val-de-Travers nach Buttes in Angriff genommen. Im Regionalzug geht es schliesslich durch das Tal der grünen Fee, vorbei an der wilden Areuseschlucht bis nach Neuchâtel.
212, Yverdon-les-Bains - Ste-Croix
Die Waadtländer Ortschaft Yverdon-les-Bains liegt auf einer Schwimmebene am südwestlichen Ufer des Neuenburgersees. Die zweitgrösste Ortschaft des Kantons Waadt befindet sich an der Jurasüdfuss Linie der SBB. Neben dem grossen Bahnhof, wo halbstündlich die ICN Neigezüge halten, befindet sich der kleine Schmalspurbahnhof der Chemin de fer Yverdon–Ste-Croix (YSteC). Auf der gut 24 Kilometer langen Strecke sieht der Fahrplan mindestens einen durchgehenden Stundentakt vor, der jedoch zu Pendel-
oder Ausflugszeiten zu einem 30 Minuten Takt verdichtet wird. Sobald alle Gäste umgestiegen sind, kann die 35 Minütige Reise beginnen. Die Gleise der Yverdons - Ste-Croix Bahn folgen zunächst jenen der SBB zur Haltestelle Wiliam Barbey. Hier biegt die schmalspurige Strecke links ab und führt über die Haltestelle La Brinaz nach Valeyres sous Montagny. Schon wenige Minuten nach Abfahrt liegt die Stadt hinter einem und der Zug tuckert durch eine ländliche Gegend. Ste-Croix mit einer Bahn zu erschliessen war die Idee von William Barbey. So war der Ingenieur, Botaniker und Grossrat
praktisch alleine für die Finanzierung und Planung der Bahn verantwortlich, welche 1883 eröffnet werden konnte. Der tief religiöse Barbey verfügte, dass seine Bahn am Sonntag nicht verkehren durfte. Diese Bestimmung wurde nach seinem Tod aufgehoben und so verkehren die Züge seit 1919 täglich. Die Strecke führt nun leicht ansteigend am La Brine Flüsschen entlang zur kleinen Station Essert sous Champvent, die nur auf Verlangen bedient wird. Der erste grössere Bahnhof befindet sich dann in Vuiteboeuf, wo auch mit dem Gegenzug gekreuzt wird.
Vorbei an weiten Weide- und Ackerfeldern gelangt der pink-graue Triebzug nach Baulmes. Mit fast 1`000 Einwohner bildet die Gemeinde die wichtigste Zwischenstation auf dem Weg nach Ste-Croix. Nun verwandelt sich die Vorortsbahn in eine richtige Bergbahn. Am Waldrand entlang schlängelt sich das Trasse zur Haltestelle Six-Fontaines hoch, welche sich inmitten einer 180 Grad Kehre befindet. Im Anschluss erklimmt der Triebzug aus dem Hause Stadler den Südosthang des Forel. Auf der Bergfahrt ergibt sich ein herrlicher Ausblick auf Yverdons-les-Bains und den Neuenburgersee.
Durch einen kurzen Tunnel, welcher den Hermitage Felsen unterquert, gelangt der Zug zur Kreuzungsstelle Trois-Villes. Rund 300 Meter über dem Talboden schlängelt sich das Trasse der Yverdon – Ste-Croix Bahn, welche heute zur Travys gehört, am steilen Berghang des Mont de Baulmes entlang und verläuft dabei hoch über der Gorges de Covannes. Nachdem der Berg umfahren wurde, wird auf der Nordseite die Strecke wieder flacher und die ersten Häuser von Ste-Croix kommen in Sicht. Schliesslich endet die Reise am Bahnhof der Industriegemeinde.
21.392, Ste-Croix - La Côte-aux-Fées - Buttes
Ste-Croix entwickelte sich bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu einem wichtigen Industriestandort. Neben der Uhrmacherei spielte auch die Präzisionsmechanik für Spieldosen, Rechnungsmaschinen, Kameras und Radioapparate eine wichtige Rolle. Nachdem in den 1970er Jahren mehrere Betriebe schliessen mussten, resultierte sich daraus eine grosse Abwanderungswelle. Heute zählt die Ortschaft im Quellgebiet des Arnon noch knapp 5000 Menschen. Der Bahnhof bildet den Ausgangspunkt einer interessanten PostAuto-Linie.
Der Fahrplan sieht an Werktagen drei, am Sonntag sogar nur zwei Verbindungen hinüber ins Val de Travers vor. Sobald der Bahnanschluss von Yverdons her abgenommen wurde, nimmt der Bergbus die knapp 30 minütige Fahrt in Angriff. Das Fahrzeug der Post sucht sich den Weg durch das Zentrum von Ste-Croix und nimmt anschliessend den kurzen Anstieg zum Col du Etroits in Angriff. Auf der Passhöhe verzweigen sich die Strassen nach Auberson an der französischen Grenze und dem Val de Travers. Das PostAuto entscheidet sich für die zweite Variante und folgt der gut ausgebauten Hauptstrasse.
Kurze Zeit später biegt der Linienbus auf eine einspurige Nebenstrasse ab. Diese schlängelt sich durch eine idyllische Jura-Landschaft zum Weiler La Vraconnaz. Anschliessend wird auf der linken Seite der Blick frei auf ein malerisches Hochmoor. Dieses wurde von Pro Natura gekauft und ist seither streng geschützt. Das von einem bewaldeten Bergrücken umgebene Moor bildet die Grenze zwischen Waadt, Neuenburg und dem französischen Département Doubs. Nachdem eine kleinen Anhöhe überwunden wurde, trifft das PostAuto auf dem Höhenplateau von La Côte-aux-Fées ein.
Bei der dazugehörigen Ortschaft befindet sich auch das Depot des PostAuto-Halters Auto Transport SA. Das kleine Unternehmen betreibt mit seinem einzigen Fahrzeug, seit 2016 Scania/Hess K320UB in 10.9-Meter-Ausführung, ausschliesslich die Linie 392. Das typisch jurassische Bergdorf ist nachwievor sehr von der Landwirtschaft geprägt, auch wenn 1874 hier die Uhrenmanufaktur Piaget eröffnet wurde, welche auch heute noch seine Uhrwerke vor Ort produziert. So lässt das gelbe Fahrzeug der Post das 500 Seelendorf hinter sich und folgt der Strasse zum Weiler Mont de Buttes.
Bei der keinen Streusiedlung beginnt die Talfahrt ins 300 Meter tieferliegende Val de Travers. Zügig braust das PostAuto die mittlerweile wieder auf zwei Spuren ausgebaute Strasse hinunter. Unterwegs wird der Blick auf die Zielortschaft Buttes frei. Mit zwei Kehren windet sich der Linienbus am bewaldeten Berghang entlang weiter talwärts bis dieser nach 30 Minuten Fahrzeit im Dorfkern von Buttes eintrifft. Schliesslich endet diese interessante PostAuto-Fahrt am kleinen Kopfbahnhof der ehemaligen Compagnie du Chemin de fer Régional du Val-de-Travers, kurz RVT.
221, Buttes – Fleurier – Travers – Neuchâtel
Buttes ist seit 1886 ans schweizerische Eisenbahnnetz angeschlossen. Zwar wurde bereits 1860 eine Bahnstrecke durchs Val de Travers nach Pontarlier gebaut. Da diese jedoch durchs höhergelegene Vallon des Verrières führte, wurden die Gleise an Hanglage weit abseits der Siedlungen im Talboden gebaut. So entschloss man sich eine Talbahn von Buttes über Fleurier nach Travers mit Anschluss nach Neuchâtel zu erstellen. Heute sieht der Fahrplan auf dieser Strecke den durchgehenden Stundentakt
mit einzelnen Verdichtungen in den Hauptverkehrszeiten vor. So nimmt der Zug die rund 50 Minütige Reise durchs Val-de-Travers bis nach Neuchâtel in Angriff. Der erste Halt befindet sich im Nachbarsdorf Fleurier. Beim grossen Bahnhof, wo sich einst auch der Sitz und die Depotanlagen der Compagnie du Chemin de fer Régional du Val-de-Travers befanden, zweigt die Stichstrecke nach St-Sulpice ab. Auch wenn der Personenverkehr auf diesem Abschnitt seit 1973 eingestellt ist, werden auf dem Trasse heute Dampffahrten vom Verein Vapeur Val-de-Travers angeboten.
Der Zug rattert derweil weiter talauswärts nach Môtiers. Hier ermöglicht das Maison de l' Absinthe spannende Einblick in die bewegte Geschichte der „Grünen Fee“ und deren Geheimnisse. Die hochprozentige Spirituose mit Anis-Geschmack wird im Tal seit dem 18. Jahrhundert produziert. 1910 wurde sie jedoch aus Rücksicht auf die Volksgesundheit verboten. Erst 95 Jahre später wurde die Herstellung und der Verkauf wieder legal. Heute werden im Val-de-Travers jährlich über 120'000 Liter des Wermutschnapses produziert. Kurze Zeit später erreicht der Zug einen weiteren historisch wichtigen Ort -
die Asphaltminen von Presta. Im Jahre 1711 wurde hier ein grosses Asphaltvorkommen entdeckt. 1873 begann man dann den Asphalt in grossen Mengen industriell abzubauen und in die ganze Welt zu exportieren. Dazu wurden über 100 Kilometer Stollen auf mehreren Etagen in den Fels gehauen. 1986 wurde der kommerzielle Abbau eingestellt und ein Schaubergwerk eröffnet. Heute zeigen Führungen, wie die Sprengmeister früher arbeiteten, wie man das einlaufende Wasser aus den tief liegenden Stollen abpumpte und wie das Asphaltgestein mit Pferden ans Tageslicht befördert wurde.
Die Zugskomposition braust derweil weiter nach Travers, wo die Eisenbahnstecke vom französischen Pontarlier einmündet. Nach einem kurzen Halt im Nachbarsdorf Noiraigue folgt der landschaftlich schönste Abschnitt, jener durch die Areuse-Schlucht. Das Bahntrasse schlängelt sich mit mehreren Brücken und Tunnels durch die enge Schlucht zum Weiler Champ-du-Moulin, wo sich das Tal für einen kurzen Moment öffnet und dabei der Blick auf den Felskessel des Creux du Van frei wird. Nach dem Kreuzen mit dem Gegenzug, folgt die Bahnstrecke etwas erhöht weiter dem wilden Flussverlauf der Areuse.
Vorbei an idyllischen alten Steinbrücken und gigantisch empor ragenden Felstürmen führt die Fahrt weiter talauswärts. Vor der Ortschaft Bôle verlässt das Bahntrasse die Schlucht und nimmt Kurs Richtung Neuenburg. Im Anschluss fährt der Regionalzug durch die Rebberge nach Auvernier hinunter. Dabei ergibt sich ein schöner Ausblick auf das grösste Schweizer Gewässer - den Neuenburgersee. Parallel zur Jurasüdfusslinie gelangt der Zug schliesslich in den Bahnhof von Neuchâtel, wo die herrliche Reise durch den Neuenburger Jura und das Val-de-Travers endet.
Last Update: 20.11.2023
Zuletzt gereist: 06.11.2022